Bei den meisten Krisen, die wir gegenwärtig erleben, geht es bei genauerem Hinsehen um das liebe Geld. Und das fehlt vor allem in den einst reichen westlichen Industrieländern. Die Haushaltsdefizite wachsen und die Staatsschulden steigen in astronomische Höhen. So haben allein die USA mittlerweile einen Schuldenberg von 31,5 Billionen US-Dollar angehäuft, die Hälfte davon in den letzten 10 Jahren. Die Zinslast beträgt mittlerweile über 850 Mrd. Dollar pro Jahr, ungefähr so viel wie die jährlichen Rüstungsausgaben. Das sind fast ein Drittel der US-Staatseinahmen 2023 von knapp 3 Billionen Dollar. Mit steigenden Zinssätzen dürften die Zinszahlungen bald die 1-Billion-Dollar-Grenze knacken und das aktuelle Staatsdefizit von rund 1,2 Billionen Dollar weiter erhöhen. Doch in Europa und Deutschland sieht es auch nicht viel besser aus.
Dollar-Hegemonie wackelt
Die USA konnten ihre Stellung als führende Weltmacht seit dem zweiten Weltkrieg vor allem durch ihre Dollardominanz verteidigen. Zunächst waren im Bretton-Woods-Geldsystem alle westlichen Währungen an den US-Dollar gekoppelt. Gleichzeitig war der US-Dollar goldgedeckt. Dollars konnten bei der Federal Reserve, der privaten US-Notenbank, gegen Gold zum festen Preis von 35 Dollar pro Unze eingetauscht werden. Da die USA aber in den 1950er und 1960er Jahren zu viele Dollars „gedruckt“ hatten, um vor allem die Kriege in Korea und Vietnam zu finanzieren, tauschten immer mehr Länder Dollars gegen Gold, allen voran Frankreich unter Präsident Charles de Gaulle. Am 15. August 1971 zog der damalige US-Präsident Richard Nixon die Reißleine und beendete einseitig die Goldumtauschpflicht der USA. Seitdem sind alle Währungen ungedecktes Fiatgeld.
Um die Dollardominanz dennoch aufrechtzuerhalten, schlossen die USA mit Saudi-Arabien einen Vertrag, der festlegte, dass alle Ölrechnungen in US-Dollar fakturiert und die sprudelnden „Petrodollars“ anschließend in US-Staatsanleihen oder US-Infrastrukturaufträge reinvestiert werden. Dafür erhielt das saudische Königshaus militärische Protektion der USA. Dieser Deal bröckelt nun allmählich. Der Dollar als Weltleitwährung verliert an Bedeutung. China als aufstrebende Wirtschaftsmacht, unterstützt von den anderen BRICS-Staaten, drängt sich dazwischen. Für die USA steht damit einiges auf dem Spiel. Lebt die Weltmacht doch bis heute davon, dass sie ihre gewaltigen jährlichen Handels- und Haushaltsdefizite durch Staatsschulden finanziert. Doch die Nachfrage nach US-Staatsanleihen sinkt kontinuierlich, weil Länder wie China immer weniger Lust haben, ihre Produkte im Austausch gegen kontinuierlich an Geldwert verlierende „grüne Zettel“ zu tauschen. Um Anreize zu schaffen, müssen die USA daher die Zinssätze ihrer Staatsanleihen erhöhen, mittlerweile wieder auf mehr als 4 Prozent.
Europa im Schulden-Sog
Das hat dann auch Auswirkungen auf die Länder in der Eurozone. Um eine Flucht aus dem Euro zu vermeiden, hat auch die EZB die Zinssätze seit Anfang 2022 laufend erhöht. Höhere Zinsen sollen gleichzeitig auch die Inflation bekämpfen. Doch steigende Zinssätze führen zu Problemen in den überschuldeten Ländern Südeuropas. Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und Griechenland kommen mit ihren Einnahmen auch in den nächsten Jahren nicht aus. Alle Haushaltsplanungen für die kommenden Jahre weisen steigende Defizite aus, die dann durch neue Schulden finanziert werden müssen. Nach Statista sieht die Lage 2023 so aus:
- Frankreich: 1.450 Mrd. Euro Einnahmen, 1.600 Mrd. Euro Ausgaben, 150 Mrd. Euro Defizit.
- Italien: 1.020 Mrd. Euro Einnahmen, 1.097 Mrd. Euro Ausgaben, 77 Mrd. Euro Defizit.
- Spanien: 621 Mrd. Euro Einnahmen, 684 Mrd. Euro Ausgaben, 63 Mrd. Euro Defizit.
2022 betrugen die gesamten Staatsschulden in der Eurozone 12,3 Billionen Euro. Frankreich und Italien gehen jeweils auf die 3 Billionen Euro zu. Wenn die Zinssätze weiter und im Süden schneller steigen, ist die Rückkehr der Eurokrise denkbar.
Deutschland wankt mit
Vor allem Deutschland rückt daher als Zahlmeister Europas immer mehr in den Blickpunkt südeuropäischer Politiker, die seit dem EU-Austritt Großbritanniens auch das Sagen in der EZB haben. Deutschland soll von seinem angeblichen Reichtum zugunsten des europäischen Friedens reichlich abgeben. Dabei wankt Deutschland selbst. Die offiziellen Staatschulden liegen bei fast 2,5 Billionen Euro. Zählt man die vielen Sondervermögen bei Bund, Ländern und Gemeinden hinzu, sind es schon fast 3 Billionen Euro. Mit den kapitalisierten Renten- und Pensionsverpflichtungen beträgt der Gesamtschuldenstand schon rund 15 Billionen Euro.
Auch die Sozialausgaben durch Zuwanderung sorgen dafür, dass das reiche Deutschland ein Märchen ist. Dazu hat der Ökonom und Podcaster Dr. Daniel Stelter schon vor einigen Jahren einen Bestseller geschrieben. Hinzu kommt, dass die Wirtschaft in Deutschland nicht mehr wächst und die Unternehmensinvestitionen in Deutschland schrumpfen. Gleichwohl ist die Lage noch immer besser als in Südeuropa. So hat Bundesfinanzminister Christian Lindner für 2024 jüngst einen Haushaltsplan vorgelegt, der ein Budget von 446 Mrd. Euro und eine Nettokreditaufnahme von 16,6 Mrd. Euro vorsieht. Die Neuverschuldung wäre jedoch höher gewesen, wenn nicht noch Mittel aus den Corona- und Energie-Sonderfonds frei wären, die nun umgewidmet werden sollen.
Eigentlich hätte Deutschland noch ein in der Bundesbank-Bilanz als Sonderposten ausgewiesenes Vermögen von 1,2 Billionen Euro. Dahinter verbergen sich sogenannte Target2-Forderungen der Bundesbank gegenüber südeuropäischen Zentralbanken. Das ist ein sehr komplexes, undurchsichtiges und sehr heißes Eisen, das von der deutschen Politik nur ungern angefasst wird. In einem hörenswerten Podcast von Daniel Stelter erläutert Dr. Hans Albrecht, wie sich dieser deutsche Billionen-Schatz heben lässt.
Autor: Diplom-Ökonom Dr. Michael A. Peschke
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